Dr. Markus Rente
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SARS COVID-19 im Arbeitsrecht


Ein Überblick über wichtige rechtlichen Regelungen, die an Arbeitgeber und Beschäftigte gerichtet sind:


Datenerhebung über den Impfstatus

Das IfSG erlaubt dem Arbeitgeber personenbezogene Daten der Beschäftigten einschließlich Daten zum Impf-, Sero- und Teststatus in Bezug auf die Covid-19 verarbeiten, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden (§ 23b IfSG). Die Daten dürfen zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts auf Grundlage der arbeitsschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung verwendet werden, soweit dies erforderlich ist (Arbeitsschutzgesetz).

Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei eine Testung anzubieten (§ 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung).

Am 16.03.2022 ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft getreten. Insbesondere mussten Beschäftigte aus medizinischen Berufen und Pflegeberufen gem. § 20a Abs. 1 IfSG bis zum 15.03.2022 ihrem Arbeitgeber nachweisen, dass sie entweder vollständig geimpft sind, als genesen gelten oder dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Wenn der entsprechende Nachweis nicht bis zum 15.03.2022 vorgelegt wurde, hat die Leitung der Einrichtung oder Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt darüber benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Das gilt auch, wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen. Für die Meldungen wurden Internetportale in den Bundesländern eingerichtet.

… aber grundsätzlich keine Auskunftspflicht

Eine Auskunftspflicht nach § 36 Absatz 3 IfSG kommt nur für Beschäftigte in bestimmten "vulnerable" Einrichtungen und Unternehmen in Betracht (z.B. Kita, Schule, Heime, JVA u.a.), da dort besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Dies gilt über den 19.03.2022 hinaus nur, wenn und soweit der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat.

Arbeitsschutz: betriebliches Hygienekonzept

Der Arbeitgeber hat durch eine Gefährdungsbeurteilung die erforderlichen Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und in einem betrieblichen Hygienekonzept zusammengefasst darzustellen (§ 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung). Das Hygienekonzept ist in der Arbeitsstätte zugänglich zu machen.

Der Arbeitgeber muss folgende Basisschutzmaßnahmen prüfen (§ 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung):

1. das Angebot an die Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnungarbeiten, wöchentlich kostenfrei einen Test durch In-vitro-Diagnostika in Anspruch zu nehmen, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt
sind und die auf Grund ihrer CE-Kennzeichnung oder auf Grund einer gemäß § 11 Absatz 1 des Medizinproduktegesetzes erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig sind,
2. die Verminderung betriebsbedingter Personenkontakte, insbesondere durch Vermeidung oder Verringerung der gleichzeitigen Nutzung von Innenräumen durch mehrere Personen; insbesondere ist zu prüfen, ob die Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder
vergleichbaren Tätigkeiten diese in deren Wohnung ausführen können,
3. die Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) oder der in der Anlage bezeichneten Atemschutzmasken.

Impfanordnung durch Arbeitgeber?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers gibt im Regelfall keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Anordnung gegenüber Arbeitnehmern, sich impfen zu lassen.

Allgemein handelt es sich um eine höchst persönliche bzw. private Entscheidung, die nicht dem Direktionsrecht unterliegt. Eine Weisung, sich impfen zu lassen, wäre wohl jedenfalls als mittelbare Beeinträchtigung gewichtiger Rechtsgüter des Arbeitnehmers anzusehen (körperlicher Unversehrtheit, Schutzbereich des Art 2 Grundgesetz; Menschenwürde, Schutzbereich des Art 1 GG). Die Interessen des Arbeitgebers können diese Beeinträchtigungen im Regelfall wohl nicht in einer Interessenabwägung aufwiegen. Entsprechend wäre auch eine entsprechende Impfklausel in einem Arbeitsvertrag (AGB) voraussichtlich unwirksam.

Gesundheitswesen: einrichtungsbezogene Impfpflicht

Beschäftigte von beispielsweise Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen und Rettungsdiensten müssen bis zum 15. März 2022 ihrem Arbeitgeber einen Nachweis über eine abgeschlossene Impfung, einen Genesenennachweis, oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können, vorlegen.

Wird der Nachweis nicht vorgelegt, so muss dies zwar durch den Arbeitgeber an das Gesundheitsamt gemeldet werden. Zu einem echten Tätigkeitsverbot kommt es allerdings erst, in dem das Gesundheitsamt ein konkretes Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausspricht. Das Gesundheitsamt "kann" ein solches Verbot aussprechen (§ 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG), d.h. der Behörde steht ein Ermessensspielraum zu. Jedenfalls durch ein solches Verbot entseht für den Arbeitgeber ein Kündigungsgrund.

Ab dem 16. März 2022 ist ohne Vorlage eines entsprechenden Nachweises keine Neuaufnahme der Tätigkeit in den betroffenen Einrichtungen mehr möglich (d.h. es besteht praktisch ein Einstellungsverbot), da gem. § 20a Abs.3 S.4 f. IfSG eine Person, die keinen entsprechenden Nachweis vorlegt, nicht in den entsprechenden Gesundheitseinrichtungen genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden darf.

Ausgenommen von der Regelung sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. In diesem Fall ist die Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Zeugnisses erforderlich.

Informationspflicht an das Gesundheitsamt

Arbeitgeber haben das zuständige Gesundheitsamt zu informieren, wenn die Nachweise nicht fristgerecht vorgelegt werden oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise bestehen. Das Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in – oder den Zutritt zu – den  Einrichtungen, in den die Nachweispflicht gilt, untersagen.

Sanktionen gegen ungeimpfte Arbeitnehmer?

Abmahnung

Eine Abmahnung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten im Zusammenhang mit den Infektionsschutzgesetzen verstößt. Der Arbeitgeber kann jedoch keine Impfung anordnen, und eine gesetzliche Impfpflicht besteht nicht.

Kündigung

Eine Kündigung ist arbeitsrechtlich das letzte Mittel (sog. ultima-ratio). Sie kann beispielsweise als personenbedingte Kündigung in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer mangels Impfung/Genesung nicht geeignet ist, die Arbeitsleistung zu erbringen (vergleichbar mit einem LKW-Fahrer ohne Führerschein), oder als betriebsbedingte Kündigung, wenn eine Beschäftigung nicht möglich ist (Personal auf Flügen oder im Transportwesen beim Grenzübertritt in Staaten, die einen Impfnachweis fordern).

Dennoch ist eine Kündigung regelmäßig erst nach einer Abmahnung möglich, und dabei wohl auch nur dann eröffnet, wenn mildere Mittel, wie bspw. die Möglichkeit einer Umsetzung nicht bestehen (wie bspw. bei Bürotätigkeiten, die durch Arbeit im Homeoffice ausgeführt werden können).

Solche Kündigungen bergen auch im Übrigen rechtliche Risiken, da letztlich die vorstehend zitierten Grundrechtspositionen der Arbeitnehmer betroffen sind, wie auch weitere Rechtsrisiken bestehen.

Impfanreize und Impfungen durch Arbeitgeber

Anreize für Arbeitnehmer, sich impfen zu lassen, werden teilweise für zulässig gehalten, wobei bei der Ausgestaltung solcher Anreizsysteme der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sowie ggf. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten wären. In Betracht kommen etwa: Finanzieller Impf-Bonus (nicht zu hoch angesetzt, weil kein unzulässiger Druck ausgeübt werden darf), oder auch bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung zur Wahrnehmung des Impftermins.

Ferner kann die Impfung im Betrieb durch den Betriebsarzt angeboten werden. Dabei stellt sich für Arbeitgeber jedoch die Frage nach möglichen Haftungsrisiken im Falle von Impfschäden. Hierfür kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Impfangebots an.

Unklar ist, wie die Anforderungen an die Aufklärung und Überwachung an den Arbeitgeber angesichts der sehr neuen und weitgehend unerprobten Corona-Impfstoffe rechtlich ausfallen. Immerhin werden „genetisch arbeitende“ Impfstoffe angeboten, die nicht unumstritten sind. Es dürfte sich daher für Arbeitgeber jedenfalls einen rechtlich riskanten Bereich handeln.

Was schreibt das Infektionsschutzgesetz denn genau vor?

Außerhalb besonderer Berufsgruppen sieht das Infektionsschutzgesetz ein Betretungsverbot vor, soweit physische Kontakte nicht ausgeschlossen werden können. Ein solches Verbot ist kein Beschäftigungsverbot, und auch keine Impfpflicht. Vielmehr wird stattdessen der 3G-Status durch das Gesetz verlangt. § 28b Abs.1 IfSG lautet:

Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten (…), wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen (…) Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis (…) mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben. Sofern die dem Testnachweis zugrunde liegende Testung mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist, darf diese (…) maximal 48 Stunden zurückliegen. Abweichend von Satz 1 ist Arbeitgebern und Beschäftigten ein Betreten der Arbeitsstätte erlaubt, um

1. unmittelbar vor der Arbeitsaufnahme ein Testangebot des Arbeitgebers zur Erlangung eines Nachweises (…) wahrzunehmen oder

2. ein Impfangebot des Arbeitgebers wahrzunehmen.

Der Arbeitgeber hat seine Beschäftigten bei Bedarf in barrierefrei zugänglicher Form über die betrieblichen Zugangsregelungen zu informieren.

Zur erhöhung der Lesbarkeit wurden Textteile durch „(…)“ ersetzt. Den vollständigen Text finden Sie hier.

Vertiefungen: Rechtsgrundlage einer Impfpflicht

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) erlaubt dem Bundesministerium für Gesundheit eine Schutzimpfung für „bedrohte Teile der Bevölkerung“ durch Rechtsverordnung anzuordnen (§ 20 Abs. 6 IfSG). Solange es davon keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung ermächtigt (§ 20 Abs. 7 IfSG). Es kann also grundsätzlich eine Impfpflicht für eine bestimmbare Personengruppe festlegt werden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Masernimpfpflicht für zulässig gehalten (Besuch einer Kindertagesstätte), und dies auszugsweise begründet wie folgt, dass „Impfungen gegen Masern (...) nicht nur das Individuum gegen die Erkrankung schützen, sondern gleichzeitig die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung verhindern (...)." (BVerfG Beschluss vom 11.05.2020, 1 BvR 469/20, 1 BvR 470/20).

Freilich liegen mit der klassischen Masernimpfungen deutlich mehr Erfahrungen vor, als mit den neuartigen, mRNA-Impfstoffen bzw. Vektorimpfstoffen, so dass abzuwarten bleibt, ob die Rechtsprechung zur Masern-Impfung überhaupt auf solche neuartigen Impfstoffe übertragbar ist, zumal der Besuch einer Einrichtung wie einer Kindertagesstätte allenfalls mit dem Besuch anderer entsprechender Einrichtungen vergleichbar ist.

Rechtsquellen:

Infektionsschutzgesetz

Arbeitsschutzgesetz

SARS-COV-2-Arbeitsschutzverordnung


Stand des Textes: 17.03.2022